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»Eine Lernkultur sorgt dafür, dass aus Fehlern echte Entwicklung entsteht.« Sebastian Casu

Trifft ein Notfallmediziner die falsche Entscheidung, hat das möglicherweise den Tod des Patienten zur Folge. Dr. Sebastian Casu, Chefarzt in der Notfallmedizin teilt In seinem Buch die wichtigsten Strategien und Prinzipen, die – unabhängig von der Branche – für Team, Management und Unternehmen zum Erfolg führen.

Schon bei der Lektüre des Vorspanns bekommt man als Leser:in Herzklopfen: Da geht es um Leben und Tod. Und es wird schnell klar: Der Patient kann nur gerettet werden, wenn die Abläufe für den Notfall klar sind. Ist das schon das erste Problem in Unternehmen – also die Klarheit in den Abläufen?

Sebastian Casu: Das ist natürlich sehr abhängig davon, um was für ein Unternehmen es sich handelt - sicherlich sind unterschiedliche Sparten auch unterschiedlich vorbereitet. Gleichzeitig ist Klarheit Immer die Grundvoraussetzung dafür, Teams zusammenzuhalten und sie konzentriert an einem Ziel arbeiten zu lassen. Wenn die initialen Abläufe für das Management einer Krise allerdings erst in dem Moment erarbeitet werden, wenn diese Krise vor der Tür steht, ist es meist schon zu spät. Es gilt, die ersten Schritte grundsätzlich zu antizipieren und das Team vorzubereiten, damit alle initial auch wirklich im Sinne des Krisenmanagements vorbereitet sind, wenn es darauf ankommt.

 

Sie bezeichnen die Notfallmedizin als »Brennglas«, in dem viele Themen, mit denen Führungskräfte sich auseinandersetzen müssen, besonders gut betrachtet und analysiert werden können. Welche Themen sind Ihnen dabei besonders wichtig?

Sebastian Casu: Besonders wichtig ist für mich hier das Krisenmanagement. Wenn es besonders zeitkritisch wird und auch besonders viel auf dem Spiel steht, kommt es auf alle an. Das Team muss zusammengeführt, zusammengehalten, die Aufgaben gut kommuniziert und koordiniert werden. In diesen Ausnahmesituationen gut aufeinander zu achten und das Beste aus den Teammitgliedern für das Team und die Aufgabe herauszuholen, ist mir persönlich besonders wichtig. 


Sie gehen in ihrem Buch auf das Thema Hierarchie ein und beleuchten Vor- und Nachteile von steilen oder flachen Hierarchien. Haben Sie eine Empfehlung, was besser funktioniert oder ist das Unternehmens- oder gar Abteilungsabhängig?

Sebastian Casu: Wir brauchen Hierarchien. Wenn viele Menschen zu selben Zeit an derselben Sache arbeiten, ist Koordination, Führung und auch eine Entscheidungsinstanz, die zuletzt eine Entscheidung trifft und dafür auch Verantwortung übernimmt, unumgänglich. Alle profitieren davon. Gleichzeitig darf diese Hierarchie nicht dazu führen, dass sich Einzelne nicht wagen, ihre Meinungen und Fähigkeiten voll einzubringen - insbesondere nicht, weil sie zum Beispiel negative Konsequenzen befürchten müssen, wenn trotz ihres sorgfältigen Einsatzes oder der Umsetzung ihrer Ideen Fehler passieren. Das Team brauch die Sicherheit und die Wertschätzung - sie müssen jederzeit fühlen und verstehen, dass ihre Meinung wichtig ist, Sorgen gehört, Impulse wahrgenommen werden und Leistung honoriert wird.  


Sie machen einen klaren Unterschied zwischen Fehler- und Lernkultur. Warum ist es so wichtig, in Teams zu einer Lernkultur zu gelangen?

Sebastian Casu: Über eine Fehlerkultur zu sprechen ist ein guter Anfang – aber eine Lernkultur geht weiter. Sie sorgt dafür, dass aus Fehlern echte Entwicklung entsteht. In einer Lernkultur geht es nicht um Schuld, sondern um Erkenntnis und Verbesserung. Teams reflektieren gemeinsam, was schiefgelaufen ist – und ziehen konkrete Konsequenzen daraus. Gerade in komplexen oder dynamischen Arbeitsfeldern ist das entscheidend, um langfristig leistungsfähig zu bleiben. Fehler dürfen passieren, denn sie sind menschlich und unvermeidbar. Damit gilt es, grundsätzlich etwas Positives aus Fehlern zu ziehen und bestenfalls aus ihnen zu lernen. Das beginnt schon mit der Wortwahl.


Konkretes Beispiel: »Treat first what kills first – das cABCDE-Prinzip.« Auf die Notaufnahme bezogen, wird hier sehr schnell klar, was das Prinzip bedeutet. Wie könnte der Transfer dieses Prinzips auf den Unternehmenskontext aussehen?

In der Notfallmedizin bedeutet »Treat first what kills first«: Zuerst das behandeln, was lebensbedrohlich ist – alles andere hat zu warten. Das cABCDE-Prinzip gibt eine klare, strukturierte Reihenfolge vor. Übertragen auf den Unternehmenskontext heißt das: Fokussiere dich zuerst auf das, was dein Team oder dein Unternehmen wirklich gefährdet – nicht auf das, was nur am lautesten ist oder für Einzelne wichtig erscheint. Führung heißt, Prioritäten richtig zu setzen. Und genau wie im Schockraum gilt: Wer zuerst das klärt, was wirklich blockiert, schafft Stabilität – und damit die Grundlage für alles Weitere. In meinem Buch gebe ich ein konkretes Beispiel dafür, wie diese Form des priorisierten Abarbeitens genutzt werden kann. Dieser Impuls soll Führungskräften dabei helfen, eine entsprechende Prioritätenliste für ihr professionelles Umfeld zu gestalten.

 

Was sind die drei wichtigsten Learnings, die man durch Ihr Buch gewinnt?

Klarheit schlägt Geschwindigkeit

In kritischen Situationen – wie im Schockraum – führt nicht das schnelle oder gar hektische, sondern das klare Handeln zum Erfolg. Das gilt auch in der Führung: Wer Orientierung geben will, muss verständlich kommunizieren, Entscheidungen nachvollziehbar treffen und konsequent bleiben. Unklarheit ist der größte Bremsklotz für jedes Team.

 

Führung ist Haltung - nicht Hierarchie 

Führen bedeutet nicht, alles zu wissen oder alles zu entscheiden. Es bedeutet, Verantwortung zu übernehmen, Raum für Expertise im Team zu lassen und auch unter Druck präsent und verlässlich zu bleiben. Gute Führung zeigt sich im Verhalten – nicht im Titel. Es geht um das Team, die gemeinsame Vision, die gemeinsamen Ziele - nicht um die Führungskraft.

 

Reflexion ist kein Luxus, sondern Voraussetzung für Entwicklung

Ob nach einem Einsatz im Schockraum, nach einem Projektmeeting oder einfach auf integriert in den Alltag – der Blick zurück ist entscheidend, um beim nächsten Mal besser zu handeln. Nur wer sein Handeln und das Team regelmäßig hinterfragt, entwickelt sich weiter. Und genau dafür bietet dein Buch konkrete Reflexionsimpulse.

 

Vielen Dank für diese spannenden Einblicke!

 

16.06.2025

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