Fast täglich erreichen uns in Europa neue Horrormeldungen aus dem Terroruniversum des IS, der im Irak und in Syrien ein auf Dauer angelegtes Kalifat errichtet hat. Ganz gleich wovon sie handeln und wer die Opfer sind, so haben doch eines gemeinsam: Sie verstören und wecken Furcht und Grauen. Mal sind es Berichte über Massenvertreibungen von Yeziden und Christen, mal Berichte über Morde an Abweichlern und westlichen Journalisten, an Entwicklungshelfern und Soldaten der von den USA angeführten internationalen Anti-IS-Koalition, mal Berichte über barbarische Zerstörungen an den archäologischen Kulturgütern Mesopotamiens, die Teil des Kulturerbes der ganzen Menschheit sind. Wieder ein anderes Mal sind es Berichte über Querverbindungen zwischen dem IS und den dschihadistischen Attentätern, die Anfang Januar 2015 eine blutige Spur in Paris hinterließen, als sie Mitglieder der Redaktion des Magazins »Charlie Hebdo« erschossen. Gerade die Attentate von Paris machen uns schlagartig bewusst, dass die Bedrohung des dschihadistischen Terrors bereits im Herzen Europas angekommen ist.
Eine apokalyptische Aura
Der IS umgibt sich mit einer sorgfältig gepflegten apokalyptischen Aura von Tod, Zerstörung und Schrecken. Rücksichtloser Terror und bis dato beispiellose Akte der Grausamkeit, die von einer geschickten Propagandamaschine mit modernsten Medien global verbreitet werden, sollen dem IS neue Anhänger zuführen, Gegner einschüchtern und ihm den Nimbus der Unbesiegbarkeit verleihen.
Der Schritt auf die Weltbühne
Wie aus dem Nichts trat der IS im Juni 2014 auf die politische Weltbühne, als er mit der Eroberung der Millionenstadt Mossul im Norden des Irak einen beispiellosen Siegeszug begann. Doch was steckt hinter der Fassade dieser Terrororganisation? Wilfried Buchta, ein langjähriger Kenner der Region, der von 2005 bis 2011 als Leitender Politischer Analyst der UNO-Mission im Irak (UNAMI) tagtäglich das politische Geschehen und die wesentlichen Akteure im Irak hautnah erlebte, lässt uns in seinem Buch »Terror vor Europas Toren« hinter die Kulissen blicken. Er zeigt anschaulich, wie aus dem Zusammenfließen zweiter Trends, dem jahrzehntelangen schleichenden Staatszerfall unter der Diktatur Saddam Husseins und der US-Invasion von 2003 sowie dem nachfolgenden missglückten Aufbau einer Demokratie von Washingtons Gnaden, der Nährboden für den Aufstieg des IS entstand.
Text: Dr. Wilfried Buchta
Das Buch »Terror vor Europas Toren. Der Islamische Staat, Iraks Zerfall und Amerikas Ohnmacht« erscheint am 2. April 2015.
Zum Autor:
Wilfried Buchta ist promovierter Islamwissenschaftler. 2005 bis 2011 arbeitete er als politischer Analytiker für die UN-Mission im Irak. Als Zeitzeuge hat der Kenner der Region und ihrer Geschichte die politischen Ereignisse, die zum Erstarken der Terrormiliz Islamischer Staat geführt haben, täglich hautnah miterlebt.