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»Erfolgreiche Familienunter­nehmen haben ihre eigene DNA.«

Erfolgreiche Familienunternehmen haben eine spezielle DNA. Markus Weishaupt hat diese DNA entschlüsselt und zeigt, worauf es bei erfolgreichen Familienunternehmen vor allem ankommt. Im Interview spricht der erfahrene Unternehmensberater über sein neues Buch »Radikal anders«.

Herr Weishaupt, was hat sie bewogen, sich speziell mit Familienunternehmen zu befassen?

Markus Weishaupt: Die Welt der Familienunternehmen war in meinem Leben von klein auf immer schon sehr präsent. Leidenschaftliches und wissenschaftliches Interesse an Familienunternehmen habe ich eigentlich in und nach meinem Studium entwickelt. Ich erahnte damals, dass Familienunternehmen höchst spannend sind und eben nicht so rückständig und träge, wie sie oft dargestellt wurden. Meine Erfahrungen in Publikumsgesellschaften, bei Familienunternehmen, sowohl in der Führungstätigkeit als auch in der Beratung,  haben das ihre getan, um meinen Fokus auf das System Familienunternehmen weiter zu schärfen.  

 

Woher stammen Ihre Erfahrungen aus der Praxis der Familienunternehmen?

Markus Weishaupt: Ich habe nach meinem Studium kurze Zeit bei Citibank im Cash Management und dann im Projektmanagement gearbeitet, später bei Familienunternehmen, zuerst im Lebensmittelbereich im direkten Kontakt mit den Inhabern, dann in der Bauzulieferindustrie durch externe Manager geleitet und von der Inhaberfamilie geprägt. Seit vielen Jahren begleite ich Unternehmerfamilien als Familienratsmitglied, in der Beratung zur Mehrgenerationalität und Nachfolge, und berate Familienunternehmen in strategischen, organisatorischen, führungstechnischen und kulturellen Themenstellungen. Sicher, ich bin Praktiker und die Ansätze sind pragmatisch mit dem Ziel für das Unternehmen und die Familie Nutzen zu stiften. Ein gewisses Maß an wissenschaftlicher Kompetenz und entsprechendem Hintergrund sind dazu aber auf jeden Fall notwendig.  Diesen »wissenschaftlichen« Praxisbezug schätzen viele, die mein neues Buch „Radikal anders. Die DNA erfolgreicher Familienunternehmen gelesen" haben.

 

Was macht Familienunternehmen eigentlich so erfolgreich? Lässt sich das Erfolgsgeheimnis in einem Satz zusammenfassen?

Markus Weishaupt: Familienunternehmen sind nicht per Definition erfolgreich. Das wäre zu einfach. Aber die erfolgreichsten Familienunternehmen leben das Geschäftsmodell, das ich als »Radikal anders« in meinem Buch bezeichne und beschrieben habe. Sie haben eben ihre ganz eigene DNA. 

 

Trifft das Prädikat »erfolgreich« tatsächlich auf alle oder fast alle Familienunternehmen zu?

Markus Weishaupt: Nein. Es gibt mindestens ebenso viele schlecht geführte Familienunternehmen wie es gut geführte gibt. Es gibt selbstverständlich auch hervorragende Publikumsgesellschaften, Genossenschaften und Non Profit Organisationen. Gute Familienunternehmen haben aber von ihrer Wurzel her, von innen heraus, systemische Charakteristika, die wir in anderen Unternehmen nicht finden und wenn diese sich positiv entfalten, sind Familienunternehmen jeder anderen Unternehmensform überlegen.

 

In Ihrem Buch »Radikal anders« verwenden Sie den Begriff der DNA erfolgreicher Familienunternehmen. Was genau meinen Sie mit dieser aus der Biologie entlehnten Metapher? Steckt der Erfolg in den Genen?

Markus Weishaupt: Irgendwie ja. Wir sind ja als Menschen sehr stark genetisch geprägt, aber zum Teil auch durch unsere Erfahrungen, Erkenntnisse und Entwicklungen. Ebenso ist es bei den Familienunternehmen. Familienunternehmen haben bestimmte genetische Vorprägungen und die besten Familienunternehmen haben diese genetischen Vorprägungen mit Erfahrungen und Wissen zu außergewöhnlichen Erfolgsfaktoren entwickelt.

 

Wie würden Sie typische Unternehmerfamilien beschreiben? Gibt es da einen Patriarchen an der Spitze, oder tritt regelmäßig ein Familienrat zusammen – welches Bild bietet da die Praxis?

Markus Weishaupt: Es gibt patriarchalische Unternehmen und weniger patriarchalische, solche mit Familienräten und andere wiederum ohne. Was Familienunternehmen dieser Welt vereint ist die Familie. Sie spielt eine zentrale Rolle. Sie ist Nährboden für Erfolg und gleichzeitig Nährboden für Konflikt. Typische Familienunternehmen leben sowohl das Unternehmen als auch die Familie sehr intensiv und bewegen sich in den Schnittstellen mal sauberer und mal weniger sauber.

 

Wie finden die Oberhäupter von Familienunternehmen eigentlich geeignete Nachfolger? Herrscht da in der Praxis das dynastische Prinzip (der älteste Sohn erbt den Betrieb…) oder gibt es auch andere Formen der Generationenübergabe.

Markus Weishaupt: Es gibt sicher nicht viel Schöneres für eine Unternehmergeneration, als die Führung des Familienunternehmens in die Hände der nachfolgenden Generation zu geben. Mittlerweile zieht im Nachfolgeprozess aber ein gute Portion Realismus ein. Immer mehr wird darauf geachtet, dass die Nachfolgegeneration den Willen, die Kompetenz und den Einsatz mitbringen und nicht nur den Anspruch auf die Führung. Gerade bei den erfolgreichen Familienunternehmen spielt vor allem die Meritokratie und nicht das Alter der Nachfolger die zentrale Rolle. Sogar die Zughörigkeit zur Familie ist immer weniger der maßgebliche Entscheidungsgrund für die Rollenverteilungen im Unternehmen. Führung und Eigentum werden konzeptionell getrennt und falls beides dann in einer oder mehreren Personen der Familie wieder zusammenfinden, dann ist das natürlich ideal. Wenn nicht, gibt es im Sinne der Überlebensfähigkeit des Unternehmens andere Möglichkeiten.

 

Sie machen in Ihrem Buch klar, dass moderne Familienunternehmen nichts mit dem althergebrachten Bild vom gemütlichen Kleinbetrieb in der Provinz zu tun haben. Welche Rolle spielen eigentliche Export und Internationalität?

Markus Weishaupt: Erfolgreiche Familienunternehmen sind über die lokalen Grenzen hinaus, international und z.T. auch global tätig. Sie gehen hinaus in die Welt,  haben Geschäftsbeziehungen in verschiedensten Märkten und Kontinenten. Viele sind sogar Weltmarktführer. Durch die starke Fokussierung und Spezialisierung geht Wachstum mit geografischer Marktausweitung einher. Die besten Familienunternehmen sind weltweit tätig, bekannt und attraktiv. Dadurch sind sie marktunabhängiger aufgestellt, weniger lokalen Konjunkturrisiken ausgesetzt und können bei intelligenter Delokalisierung auch kostenoptimiert wertschöpfen. Gleichzeitig vergessen diese Unternehmen und deren Familien niemals die lokalen Wurzeln und bringen allen Regionen in den sie tätig sind großen Respekt entgegen.

 

Wie schaffen es Familienunternehmen, innovativ zu sein?

Markus Weishaupt: Sie leben eine Kultur der Innovation, sprich der Fehlertoleranz, der Transparenz, der Offenheit, des Probierens und Experimentierens aber gleichzeitig leben sie auch einen rigorosen Innovationsprozess mit klar definierten Budgets, einer Innovationsstrategie und einem Innovationsablauf. Ohne Innovation können erfolgreiche Familienunternehme nicht wirklich dauerhaft an der Spitze bleiben. Dabei sind Innovationen Produkte, Dienstleistungen, Systeme, Prozesse oder auch ganz neue Geschäftsmodelle, die einen erkennbaren Kundennutzen schaffen. Die Devise lautet: Innovation ohne Kundennutzen ist keine Innovation, sondern Tüftlerei. 

 

Welche Rolle spielt für Familienunternehmen der Kapitalmarkt? Wie finanzieren Familienunternehmen typischerweise ihre Expansion?

Markus Weishaupt: Der Kapitalmarkt spielt für erfolgreiche Familienunternehmen keine Rolle, denn sie verfügen stets über ausreichend Liquidität. Sie haben hohe Eigenkapitalquoten, die durchaus auch 100% betragen. Sie brauchen für ihre strategischen Projekte und Vorhaben keine externe finanzielle Unterstützung und sind also unabhängig. Unabhängigkeit, insbesondere finanzielle, ist ein wesentliches DNA Charakteristikum erfolgreicher Familienunternehmen.

 

In Ihrem Buch attestieren Sie erfolgreichen Familienunternehmen „Kundenbesessenheit“. Was machen diese Unternehmen in ihren Kundenbeziehungen anders als andere?

Markus Weishaupt: Ich spreche im Buch vom »Kümmern«. Das Kümmern um herausragende Qualität der Produkte und Leistungen und das Kümmern um die Kunden. Es geht darum, dass der Name der Familie für die Qualität garantiert, die der Kunde erhält, also um Glaubwürdigkeit, Reputation und Ehre. Es geht um starke Beziehungen zu den Kunden, die oft im Lauf der Geschichte zu viel mehr geworden sind als Abnehmer von Produkten. Sie sind Familienfreunde oder zumindest lieb gewonnene Bekannte mit er-und überlebten gemeinsamen Geschichten und Herausforderungen. Nicht abstrakte Kundenorientierung und Kundenzufriedenheit stehen im Vordergrund, sondern das genuine Kümmern um den Kunden, dessen Probleme, Wünsche und Empfehlungen. Neben dem Pragmatismus der Sache wird hier sehr viel Emotionalität gelebt.

 

Ihr Buch analysiert Fallbeispiele aus Deutschland, Österreich, der Schweiz und Italien – ist das Modell Familienunternehmen in diesen Ländern stärker verbreitet als in anderen?

Markus Weishaupt: Das Modell Familienunternehmen ist weltweit extrem stark verbreitet. Sicher gibt es nationale Unterschiede, aber die Bedeutung von Familienunternehmen für die Wirtschaft, aber auch für das soziale Gefüge aller Länder ist fundamental. In Europa sind etwa 75 Prozent aller Unternehmen Familienunternehmen, sie beschäftigen die Hälfte aller Arbeitskräfte und produzieren die Hälfte des europäischen Bruttoinlandsproduktes.

 

Wenn Sie spontan Namen nennen sollten: Welches sind eigentlich die größten Familienunternehmen in Deutschland, Österreich, Schweiz, Italien?

Markus Weishaupt: Da gibt es sehr große bekannte und weniger bekannte Unternehmen: Volkswagen, Aldi, Metro, Bosch, Lidl, BMW, Porsche, Spar, Anditz, Red Bull, Novomatic, Lutz, Alpla, Swarovski, Blum, Exor (u.a. Fiat), Benetton, Mediaset, Marcegaglia, Mapei, Buzzi Unicem, Roche Holding, SGS (mit Societè General), Ameropa Holding, Patek Philippe, Walter Matter SA, Lamprecht Transport. Man bedenke, dass das größte Familienunternehmen der Welt Walmart über 470 Mrd. USD Umsatz macht, VW über 260 Mrd. auf Platz 2.

 

Was können Manager von Unternehmen aus Ihrem Buch lernen?

Markus Weishaupt: Dass es ein Geschäftsmodell gibt, welches aus den Erfahrungen und der Geschichte von erfolgreichen Unternehmern, Unternehmerinnen und Unternehmerfamilien entstanden ist. Ich habe das Modell lediglich zusammengetragen. Es ist ein radikal anderes Geschäftsmodell, an welchem sich jedes Unternehmen messen kann und soll, und das den Weg vorzeichnet, wie man zu den besten Unternehmen der Welt aufsteigen kann.

 

 

Zum Autor

Markus Weishaupt, Experte für Familienunternehmen, ist geschäftsführender Gesellschafter von Weissman Austria, Italia und Suisse. Er ist gefragter Unternehmensberater für größere, meist international ausgerichtete Familienunternehmen in den Bereichen Strategie, Führung und Organisationsentwicklung. Er begleitet Unternehmerfamilien in den Nachfolgeprozessen und als Mitglied von Familien- und Beiräten. Als Redner, sowohl im italienischen als auch im deutschsprachigen Raum, vermittelt er komplexe Zusammenhänge auf einfache und verständliche Art und Weise. Außerdem ist Markus Weishaupt Autor von Sachbüchern und Artikeln zur Welt der Familienunternehmen, und Verantwortlicher für die Herausgabe der Zeitschrift »Verwaltungsrat. Das Magazin für ambitionierte Verwaltungsräte«.

 

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29.09.2015

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Radikal anders
Radikal anders
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