Gründen war noch nie so »in« wie heute. Woran liegt das?
Thorsten Reiter: Jede Zeit hat ihre Ikonen, auch wenn es um die ideale Beschäftigung geht: was früher der Pilot und dann der Manager war, ist heute der Gründer. Diese »Traumberufe« sind immer eingebettet in die Umstände ihrer Zeit und so ist der Gründer, der selbstbestimmt arbeiten und leben kann, ein Zeugnis unseres heutigen westlichen Lebensstils. Selbst entscheiden zu können, wo, woran und auch mit wem gearbeitet wird, sehen viele heute als Grundlage für langfristige Work-Life-Balance oder kurz gesagt: Glück und Zufriedenheit an. Mit dem Wegfallen von globalen Bedrohungen und Krisen direkt vor der Haustür, sind wir schließlich ganz oben auf der Bedürfnispyramide angekommen: Selbstverwirklichung – genau das verspricht das Gründerdasein.
Es gibt sicher viele Menschen mit guten (Gründer-)Ideen. Warum lassen dennoch viele davon abbringen, ihre Idee auch in die Tat umzusetzen?
Thorsten Reiter: Bei einem Angebot von scheinbar grenzenlosen Möglichkeiten, glauben viele, das Risiko zu Scheitern sei einfach zu groß. Davor haben viele Angst und deswegen geben sie auf bevor sie überhaupt begonnen haben. Außerdem glauben viele, sie würden damit ein gemütliches Leben aufs Spiel setzen oder gar gute Chancen auf dem regulären Arbeitsmarkt verpassen. Dazu kommt, dass es immer noch das Bild von dem einen »Unternehmertyp« gibt: wer sich selbst nicht unter diese Kategorie packen kann, verurteilt sich praktisch selbst und im Voraus zum Scheitern. Das ist aber alles Quatsch: jeder kann Gründen und Scheitern ist gewissermaßen Voraussetzung für anhaltenden Erfolg.
Gibt es den geborenen Unternehmertyp?
Thorsten Reiter: Nein. Jeder hat das Zeug zum Unternehmer – egal wie alt, egal wie schüchtern und egal mit welchem fachlichen Hintergrund. Es gibt zwar einige Charakterzüge, die viele Gründer teilen – wie Lust die Dinge zu gestalten, einfach mal zu machen, eine gewisse Risikobereitschaft und Optimismus – dies sind aber weder hinreichende noch notwendige Bedingungen, um als Gründer richtig durchzustarten.
Was ist eigentlich das Tolle am Gründen?
Thorsten Reiter: Seine eigenen Ideen und Träume Wirklichkeit werden zu lassen. Gründer gestalten unsere Welt mit. Sie entscheiden wie wir heute und vor allem wie wir in Zukunft leben. Wie kann man darauf keine Lust haben?
Die Angst, mit dem eigenen Start-up zu scheitern, ist groß. Liegt im Scheitern nicht auch eine Chance?
Thorsten Reiter: Absolut! Durch Scheitern kann man lernen und zwar eine ganze Menge. Wichtig aber ist, an wirklichen Umständen zu scheitern und nicht einfach nur auf halber Strecke aufzugeben. Nur so kann ein Lernprozess stattfinden und zukünftige Erfolge auf einem starken Fundament aus Erfahrungen aufgebaut werden.
Das liebe Geld: Sollte man als Gründer in jedem Fall auf Sicherheit setzen?
Thorsten Reiter: Das ist von Projekt zu Projekt unterschiedlich: Wer einen Service anbietet, für den er selbst tätig wird, sollte keine riesigen Kredite aufnehmen. Wer aber ein revolutionäres Produkt hat, das die neuste Technik bemüht und das Leben von Millionen von Menschen besser macht, der kann es sich leisten einiges an Geld zu investieren. Bei einem solchen Produkt, kann sich der Gründer vor Investoren womöglich gar nicht mehr retten.
Die Idee will vermarktet werden: Woran erkenne ich zeitgemäßes Marketing 2.0?
Thorsten Reiter: Marketing bedeutete schon immer Kommunikation mit dem Kunden. Während dies früher sehr einseitig von Unternehmen zu Kunde verlief ist heute ein Miteinander gefragt – an Stelle der Kommunikation tritt die Interaktion. Kunden sind sowohl Zielgruppe als auch Gesprächspartner zu gleich. Sie helfen, neue Ideen entstehen zu lassen und das Unternehmen von außen weiterzuentwickeln.
Wie wichtig ist ein gutes Netzwerk für ein Start-up?
Thorsten Reiter: Netzwerke sind immer eine großartige Stütze. Gerade wenn jemand von Null beginnt, sollte er so viel Unterstützer um sich scharen wie er nur kann. Ob die richtigen Personen schließlich zur rechten Zeit weiterhelfen können, entscheidet über den tatsächlichen unternehmerischen Wert des gespannten Netzes. Aber wer glaubt Gründen sei eine One-WoMan-Show, ist auf dem Holzweg.
Sie haben in Ihrem Buch viele Gründer zu Wort kommen lassen, warum war Ihnen das so wichtig?
Thorsten Reiter: Wenn von Unternehmensgründungen und Erfolgsgeschichten berichtet wird, hören sich die Beispiele immer sehr speziell und einzigartig an. Der Leser bzw. Zuhörer bekommt dann schnell das Gefühl, dies sei schlicht nicht wiederholbar und ein Einzelfall. Da bleibt ein großes Fragezeichen bei potentiellen Gründern und im schlimmsten Fall die Fehleinschätzung: »Naja das hab ich ja alles nicht. Davon kann ich für mein Gründungsvorhaben nichts lernen.« Deswegen war es mir wichtig, die unterschiedlichsten Geschäftsmodelle zu zeigen und deutlich zu machen: Alles kann eine großartige Geschäftsidee werden – es braucht nur genug Kreativität und Tatendrang!
Zur Person
Thorsten Reiter, Jahrgang 1989, studierte BWL in Deutschland, den USA und Großbritannien. Er war lange Zeit als Social Entrepreneur in der Organisation Enactus tätig. Mit seiner Unternehmensberatung Mannheim Business Consulting berät er heute Unternehmen unter Anderem im Umgang mit Bewerbern und Arbeitnehmern der Generation Y. Außerdem ist Thorsten Reiter als Speaker und Texter tätig.
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