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Wirtschaft und Gesellschaft

»Middelhoffs Vita ermöglicht Einblicke in den Maschinenraum der Macht.«

Massimo Bognanni beschreibt in der ersten auf dem Markt befindlichen Biografie den spektakulären Fall des Thomas Middelhoff - vom bestbezahlten Manager der Republik zum verurteilten Straftäter.

 

Herr Bognanni, Sie haben in Ihrem neuen Buch »Middelhoff. Abstieg eines Star-Managers« das Leben des einstigen Star-Managers Thomas Middelhoff aufgearbeitet. Was hat Sie an seiner Biografie gereizt?

Massimo Bognanni: Zunächst einmal ist Middelhoff einer der schillerndsten Manager der deutschen Wirtschaftsgeschichte. Egal, ob als Posterboy, der er zu Beginn seiner Karriere bei Bertelsmann war, als gescheiteter Karstadt-Quelle-Retter oder als Angeklagter, der aus dem Fenster eines Gerichtsgebäudes springt, um lauernden Fotografen zu entkommen – Middelhoff bot stets eine Show.

 

Also eine reine Unterhaltungslektüre?

Massimo Bognanni: Nein. Middelhoffs Vita bietet mehr als das. Sie ermöglicht Einblicke in den Maschinenraum der Macht. Meine Recherchen zeigen auf, mit welchen Methoden Middelhoff den Chefsessel eines Weltkonzerns erobert. Und wie er, einmal an der Macht, sein Netzwerk in Wirtschaft und Politik nutzt, um seine Interessen durchzusetzen.
Darüber hinaus macht Middelhoffs Vita jüngere Wirtschaftsgeschichte erlebbar. Beim Blick über seine Schulter lässt sich der Internethype um die Jahrtausendwende ebenso begutachten, wie das Platzen der Dotcom-Blase. Als in Deutschland die Debatte über »Heuschrecken «, räuberische Finanzinvestoren, die angeblich den deutschen Mittelstand abgrasten, hochkochte, war Middelhoff das dazu passende Gesicht in Deutschland.
Auch das Warenhaussterben und die Folgen der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise werden durch die Vita Middelhoffs erlebbar. Ebenso wie die Debatte um Manager und Moral der jüngeren Tage.

 

Vielen gilt Middelhoff als böse Fratze des Kapitalismus. Wie konnte er denn überhaupt so viele Menschen begeistern?

Massimo Bognanni: Middelhoff war voller Begeisterung, Energie und Optimismus. Für ihn war das Glas nicht nur halb voll, es lief über. Er steckte sein Umfeld an. Viele beschreiben ihn auch als warmherzig, hilfsbereit. Er war humorvoll, lachte viel. Doch sein Lachen war eine Maske, hinter der sich genauso gut professionelle Eiseskälte verbarg. Er ließ enge Weggefährten fallen, wenn seine Macht in Gefahr war …

 

Zum Autor:

Massimo Bognanni ist Reporter im Investigativteam beim Handelsblatt. Jahrelang hat er die Hintergründe von Thomas Middelhoffs Karriere recherchiert, seinen Strafprozess verfolgt und unzählige Gespräche geführt. 2016 veröffentlichte er gemeinsam mit Sven Prange das Buch »Made in Germany« bei Campus.

29.09.2017