Wirtschaft und Gesellschaft

»Sahra Wagenknecht hat eine geradezu mathematische Genauigkeit der Gedankenführung.« Christian Schneider

Christian Schneider hat eine Biografie über Sahra Wagenknecht geschrieben. In ihr kommt man Deutschlands spannendster Politikerin näher als je zuvor. Auf campus.de berichtet Schneider über seine Erfahrungen.

Eine Ihrer Grundfragen im Buch ist: Was treibt Sahra Wagenknecht an? Sind Sie der Antwort durch die Begegnungen mit Wagenknecht und ihren engsten Vertrauten näher gekommen?

Christian Schneider: Ja. Aber um es vorwegzunehmen: Es bleiben auch Rätsel. Vor allem, wie sich die beiden Leidenschaften Sahra Wagenknechts, die intensive Beschäftigung mit Literatur und Philosophie auf der einen und das zeitraubende politische Engagement auf der anderen Seite unter einen Hut bringen lassen. Ursprünglich hat ihr die theoretische Beschäftigung vor allem mit Hegel und Marx den Weg zur Politik gewiesen – die ihr nun manchmal den Rückweg zur Theorie versperrt.

 

Sie beschreiben sie als Person großer Widersprüche – vor allem ihren dezidierten, teils harten Auftritt in der Öffentlichkeit gegenüber ihrer privaten, weichen Seite. Was heißt das für die Politikerin und was für die Intellektuelle Sahra Wagenknecht?

Christian Schneider: Das gehört mit zum angesprochenen Rätsel: Wer Sahra Wagenknecht nur als öffentliche Person, etwa von ihren Auftritten im Bundestag oder in Talkshows kennt, kennt sie nicht. Tatsächlich steht hinter ihrem politischen Engagement die Fähigkeit, sich mit Menschen zu identifizieren, eben auch jenen, denen es, oft unverschuldet, schlecht geht. Hinter ihrer vermeintlichen Härte steht Mitgefühl, ja Mitleid. Die wirkliche Härte liegt in ihrer Fähigkeit zu analytischer Präzision, sie bildet den Kern ihres intellektuellen Lebens.

 

Was hat Sie bei Ihren Begegnungen mit Sahra Wagenknecht persönlich beeindruckt oder berührt?

Christian Schneider: Einiges. Ich nenne hier mal nur zwei Dinge. Zum einen, was ich als die Akuratesse ihres Denkens bezeichne. Sie hat eine geradezu mathematische Genauigkeit der Gedankenführung und hasst gedankliche Schlamperei. Das andere wird viele verblüffen: Ihre Schüchternheit.

 

Der Autor

Christian Schneider, Dr. phil. habil., Sozialpsychologe und Führungskräftecoach, gilt als Begründer der Disziplin »psychoanalytische Generationengeschichte«. Er lehrte als Privatdozent an der Universität Kassel und hat seit 2001 eine Praxis für psychoanalytisches Coaching. Der Autor zahlreicher Veröffentlichungen zu psychoanalytischer Kulturtheorie und vieler Porträts von Politikerinnen und Politikern lebt in Frankfurt am Main.

02.12.2019

Wirtschaft & Gesellschaft

Sahra Wagenknecht
Sahra Wagenknecht
Hardcover gebunden
22,95 € inkl. Mwst.