Die Finanzratgeber für Ihre Anlagestrategie mit ETFs

Interview mit Gerd Kommer

Seit Jahren sind Sie auf dem Buchmarkt der Experte für die Vermögensbildung mit ETFs. Was macht Ihre Bücher so besonders?

Gerd Kommer: Ich glaube, es ist ihre Qualität, auch wenn das unbescheiden klingt. Diese Qualität kommt in mehreren Aspekten zum Ausdruck. Vier besonders wichtige will ich hier nennen: Dass ich mich mit dem gesamten Inhalt meiner Bücher an der Wissenschaft orientiere, statt an persönlichen Meinungen, Moden und törichtem »Schnell-reich-werden-Marktgeschrei«, wie das leider in der Finanzbranche die Norm ist. Zweitens, dass die Bücher sehr zahlen- und faktenlastig aber trotzdem lesbar sind. Drittens, dass ich seit über 30 Jahren in der Finanzbranche arbeite und daher vielleicht besser weiß als manch anderer, was Leser und Leserinnen in Puncto Vermögensbildung wirklich interessiert. Viertens, dass ich in meiner Sprache hohen Wert auf Präzision lege.

Sie sagen: Erfolgreich anlegen ist nicht nur eine Frage des »Was tun?«, sondern auch eine des »Was nicht tun, was unbedingt vermeiden?« ... Was sollte man nicht tun, wenn man Vermögen souverän aufbauen möchte?

Gerd Kommer: Erfolg in der Vermögensbildung ist in der Tat zu einem größeren Teil das Resultat von Fehlervermeidung als davon, richtige oder gute Dinge zu tun. Beim Vermögensaufbau gibt es somit zwei Erfolgsfaktoren: Fehlervermeidung und kluge, positive Entscheidungen. Die meisten Ratgeberbücher konzentrieren sich allein auf die klugen Entscheidungen. In meinen Büchern sind beide Faktoren gleich gewichtet.

Ein einfaches Beispiel für Fehlervermeidung: Mit Bankguthaben kann man kein Vermögen aufbauen, sondern nur konservieren. Das war in den westlichen Ländern schon seit mindestens 120 Jahren so, was ich in den Büchern anhand von Zahlen belege. Wer Vermögensaufbau als Ziel hat, muss zunächst einmal aufhören, es über die Route »Anhäufen von Cash auf verzinslichen Bankkonten« zu versuchen.

Sind ETFs in der Breite angekommen oder wissen noch viel zu wenige Menschen, dass dieses Anlageprodukt das Sparbuch längst abgelöst hat?

Gerd Kommer: Im deutschsprachigen Raum sind ETFs leider noch nicht wirklich in der Breite angekommen. Da stehen wir leider noch ganz am Anfang. Nur rund drei Prozent der Haushalte in Deutschland besitzen ETFs, die weltweit erfolgreichste und nützlichste Finanzinnovation seit 50 Jahren. Für die Zukunft bin ich jedoch optimistisch: Ich glaube, dass ETFs in den deutschsprachigen Ländern über die kommenden 25 Jahre die Rolle übernehmen werden, die in den vergangenen 70 Jahren das Sparbuch und die kapitalbildende Lebensversicherung innehatten.

Sind ETF-Anlagen wirklich etwas für jedermann/jede Frau?

Gerd Kommer: Ja, das sind sie. Wenn es ETFs nicht schon seit 1993 gäbe, müsste man sie erfinden. ETFs und ihre älteren Geschwister »Indexfonds« haben die Vermögensanlage über den Kapitalmarkt, über die Börse demokratisiert.

Was sind die drei wichtigsten Vorteile von ETFs gegenüber anderen Finanzprodukten?

Gerd Kommer: Ich muss hier vier Vorteile nennen, weil alle vier gleich wichtig und essenziell sind: Einfachheit, Transparenz, niedrige Kosten und rechtliche Robustheit.

Zur Einfachheit: Nach einem Bankguthaben sind ETFs die zweiteinfachsten Finanzprodukte. Wenn Sie mit ETFs in Aktien investieren wollen, müssen sie dennoch nichts über einzelne Aktien wissen. Was Sie brauchen, ist ein Basisverständnis für das Konzept Aktien, das jede und jeder in zwei Minuten erwerben kann. Ähnliches könnte man auch über ETF-Vorteil Nummer 2 sagen.

Transparenz: ETFs sind transparenter als jedes andere Finanzprodukt mit Ausnahme eines Sparkontos. ETFs sind transparenter als Lebensversicherungen, als Riester-Sparen, als offene Immobilienfonds, als Kryptowährungen, als Bitcoin – von den wirklich komplizierten Finanzanlagen wie geschlossenen Fonds oder Private Equity ganz zu schweigen.

Niedrige Kosten: ETFs sind unschlagbar preisgünstig. Ein Beispiel: Der größte deutsche aktiv gemanagte Aktienfonds, der DWS Top Dividende (WKN: 984811), hat eine laufende Gebühr von 1,45 Prozent im Jahr. Diese Gebühr beträgt bei einem ETF auf den bekannten MSCI World-Index (ein weltweiter Aktienindex) weniger als ein Zehntel (!) davon. Ein solcher ETF hat den DWS Top Dividende in den vergangenen zwei Jahren, fünf Jahren, zehn Jahren und 20 Jahren renditemäßig geschlagen.

Und die rechtliche Robustheit: ETFs sind als rechtliche Struktur unübertroffen. Kein anderes Finanzprodukt ist rechtlich ähnlich stabil und sicher.

Wie aufwändig ist eine Finanzanlage mit ETF? Wie viel Zeit muss ich investieren, bis die Anlagestrategie in die Tat umgesetzt werden kann?

Gerd Kommer: Gerade für Menschen, die ihre Geldanlage simpel halten wollen und keine Lust darauf haben, sich an jedem zweiten Wochenende damit zu beschäftigen, sind ETFs ideal. Ein Depot bei einer Direktbank zu eröffnen dauert 30 Minuten – vom eigenen Laptop aus. Das muss man nur einmal im Leben machen. Danach einen ETF-Fondssparplan aufzusetzen, zum Beispiel mit 150 Euro im Monat, das kann man in 20 Minuten erledigen. Das wars. Wenn Sie weise sind, lassen Sie diesen Sparplan 20 Jahre laufen und erhöhen die 150 Euro alle zwei Jahre um 50 Euro.

Eine Wohnung zu kaufen und zu finanzieren ist rechtlich und wirtschaftlich weit, weit komplexer als ein Depot anzulegen und in ETFs zu investieren. Wer es sich noch einfacher machen möchte, nutzt einen so genannten Robo-Advisor, eine digitale Vermögensverwaltung. Auch auf diese moderne, preisgünstige Alternative zum Do-it-yourself-Anlegen gehe ich meinem Buch »Souverän investieren für Einsteiger: Wie Sie mit ETFs ein Vermögen bilden« ein.

Welches Thema wird die Anleger:innen in den nächsten Jahren auf jeden Fall begleiten?

Gerd Kommer: Für die Geburtsjahrgänge ab ungefähr 1960 und jünger wird die gesetzliche Rentenversicherung als alleinige Altersversorgung nicht mehr sicherstellen, dass man den vor Eintritt in den Ruhestand gewohnten Lebensstandard halten kann. Wer also nicht zusätzlich privat vorsorgt, wird seinen Lebensstandard im Alter senken müssen. Kein anderes Finanzprodukt ist für die allgemeine Bevölkerung – für Nichtexperten – besser geeignet, diese Altersvorsorge zu bewerkstelligen als ETFs. Besser sogar noch als Eigentum an einer selbst genutzten Wohnimmobilie.