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»Exzellenz ist kein einmaliger Kraftakt, sondern eine Grundhaltung.« Doris Märtin

Doris Märtin bringt uns mit ihrem neuen Buch auf die Spur unserer persönlichen Exzellenz. Was das genau ist und warum es sich gerade in Zeiten von Digitalisierung und KI lohnt, daran zu arbeiten, erklärt die Bestsellerautorin im Interview mit campus.de.

Exzellenz, klingt wie ein historischer Begriff. Wie kommen Sie darauf, dass Exzellenz heute brandaktuell ist?

Doris Märtin: Genau, wir kennen den Begriff Exzellenz als sehr traditionelle Ehrenanrede, zum Beispiel für Bischöfe oder Botschafterinnen. Darüber hinaus wird Exzellenz benutzt, um Marken oder Institutionen aufzuwerten: Weine, Autos, Unis, Initiativen. In der Philosophie, aber auch in der Managementliteratur wird der Begriff Exzellenz aber weniger mit einem Status, als vielmehr mit einem Streben in Verbindung gebracht – nämlich das Streben, zu wachsen und sich selbst zu übertreffen. So gesehen passt das Konzept der Exzellenz außerordentlich gut in unsere Zeit – als ein Leitbegriff, der Orientierung gibt und anspornt, über uns hinauszuwachsen.

 

Viele Menschen bringen Exzellenz mit anderen in Verbindung, mit sich selbst eher selten. Wie kommt das?

Doris Märtin: Die meisten Menschen halten Exzellenz für einen Status, also einen Ausnahmeerfolg, den jemand bereits erreicht hat, Kamala Harris zum Beispiel oder das Forscherehepaar Özlem Türeci und Ugur Sahin, denen der Bundespräsident für die Entwicklung des Biontec/Pfizer-Imfstoffes das große Verdienstkreuz verliehen hat. Im Vergleich zu solchen herausragenden, öffentlich bekannten Menschen erscheint es natürlich vermessen, den Begriff Exzellenz auch nur ansatzweise für sich selbst in Anspruch zu nehmen.

 

Ist Exzellenz ein Zustand oder eine Aktivität?

Doris Märtin: Sie ist beides. Aber der spannendere und lohnendere Aspekt für Menschen wie Sie und mich ist das Verstehen, dass Exzellenz von unserem alltäglichen Tun abhängt. Interessanterweise hat das bereits Aristoteles so gesehen. Er begreift Exzellenz nicht als einmalige Handlung oder singulären Erfolg, sondern als eine Gewohnheit, die durch Training und Dranbleiben erlernt wird. Wir werden demnach exzellenter, indem wir aus unseren Talenten und Möglichkeiten das Beste machen. Es kommt darauf an, über das persönliche Normalmaß hinauszugehen. Das ist kein einmaliger Kraftakt, sondern eine Grundhaltung.

 

Was lernen wir in Ihrem Buch?
Doris Märtin: In meinem Buch geht es darum, dass und wie wir im Rahmen unserer Möglichkeiten zu unserer vollen Größe auflaufen. Da hat jeder viel Luft nach oben – auch Menschen, die schon sehr, sehr gut sind in dem, was sie tun. Der Nebeneffekt dabei ist: Wenn wir uns selbst übertreffen, steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass wir andere übertreffen. Und zwar mit dem fairsten Mittel, das ich mir denken kann: der Bereitschaft, das Beste zu geben, was uns mit unseren jeweiligen Talenten und Kräften möglich ist. Wichtig: Dabei geht es nicht um Perfektion. Es geht darum, die eigenen Möglichkeiten umzusetzen.
 

Wo beginnt die Arbeit an der eigenen Exzellenz?

Doris Märtin: Wir können Exzellenz bei allem verwirklichen, was wir tun: in Beziehungen, im Job, im Sport, im Gesundheitsverhalten, in unserem Umgang mit Natur und Umwelt – immer haben wir die Wahl zwischen einfacheren und exzellenteren Lösungen. Was das im Einzelfall ist, weiß jeder von uns ziemlich genau und es beginnt mit Kleinigkeiten: Treppe statt Lift, zuhören statt nebenbei ins Smartphone schauen, ungewohnte Ideen offen aufzunehmen statt sie beiseite zu wischen. Plakativ ausgedrückt steigern wir unsere Exzellenz (oder eben nicht) mit dem, was wir in den nächsten fünf Minuten tun.
 

Was hat Exzellenz mit Digitalisierung zu tun?

Doris Märtin: Ich mag sehr den Satz der Lyrikerin Nora Gomringer: Das Digitale schenkt uns eine ganze Welt. Sie liefert uns unendliche Möglichkeiten, Geschäftsmodelle zu verwirklichen, die sich vorher nicht verwirklichen ließen, zum Beispiel AirBnb, oder forsche Lösungsmodelle umzusetzen wie Smudos Pandemie-App Luca. Die technischen Möglichkeiten sind aber erst der Anfang. Sie wirklich auszuschöpfen, stellt höchste Anforderungen an die Persönlichkeit: Trends erfassen, sich auf Veränderungen einlassen, Ungewissheit aushalten, immer weiter zu lernen, über Firmen, Länder oder unterschiedliche Herkünfte hinweg kooperieren, durch das gute Beispiel zu wirken im Sinne von »walk the talk«. Persönliche Exzellenz ist unsere beste Chance, dass die künstliche Intelligenz uns nicht alt aussehen lässt. Sondern uns neue Wege und Welten erschließt. Als Exzellenzkompetenzen dafür braucht es unter anderem einen offenen Geist, Empathie für Menschen und ihre verborgenen Wünsche, Leadership, Agilität und die Fähigkeit, im Team Ideen zum Klingen zu bringen.

 

Dr. phil. Doris Märtin hat Sprachen und Literatur studiert und die Suche nach den passenden Worten zum Beruf gemacht. In ihren Büchern geht es um Sprache und Auftreten, das gute Leben und den reflektierten Umgang mit sich und anderen. Die Kommunikations- und Persönlichkeitsexpertin ist systemische Coach, Mitglied des Deutschen Knigge-Rats und als Speakerin und Impulsgeberin in den Medien präsent. Als Beraterin für Corporate Language unterstützt sie Unternehmen, Kunden emotional intelligent anzusprechen.

09.03.2021

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