Karriere

»Karrieren sind so individuell wie wir Menschen«, Stephanie Schorp

Karriere planen? Ja. Einen Masterplan machen? Nein! »Es muss auch Platz sein für Spontaneität und Schicksal,«, sagt Stephanie Schorp. Sie ist seit vielen Jahren Headhunterin bei den ganz Großen und im Top-Management Zuhause. In ihrem Buch gibt sie Insiderwissen rund um Bewerbungen weiter, spricht über Möglichkeiten die eigene Persönlichkeit zu erforschen und den Wandel in Führungsetagen. Ihr Buch »Persönlichkeit macht Karriere - So stellen Sie die Weichen für Ihren eigenen beruflichen Weg« ist gerade im Campus-Verlag erschienen.

Wie lange sind Sie schon Headhunterin?

Stephanie Schorp:  Ich bin seit zwölf Jahren Headhunterin, aber mache schon seit über 20 Jahren Auswahlgespräche, Recruiting, Platzierungen und bearbeite auch das ganze Thema Personal- und Führungskräfteentwicklung und -Coaching. Ich habe es einmal hochgerechnet: es werden so circa 16.000 Interviews gewesen sein, die ich in dieser Zeit geführt habe.

Normalerweise suchen Sie nach der »Elite« für die Wirtschaft. Mit Ihrem Buch eröffnen Sie Ihr Wissen für eine breite Zielgruppe. Hilft das Buch, egal um welche Art von Karriere es geht?

Stephanie Schorp: Ja, das soll genauso sein. Das Buch soll für individuelle Karrieren und somit für jeden verwendbar sein. Denn Karrieren wandeln sich erstens mit der Zeit, und sie sind vor allem so individuell wie wir Menschen. Wir denken beim Wort Karriere oft gleich an Karrieren im Top-Management, in der großen Politik, im Film- oder Musikgeschäft und heute sogar an Influencer. Ich kann jedoch auch einen Blumenladen mit großer Passion erfolgreich führen, und vielleicht ist er sogar der schönste und beste in der Stadt. Oder mit einem kleinen Yogastudio in schwierigen Zeiten wie dieser Pandemie bestehen. Karriere ist also ein sehr dehnbarer Begriff und wir sollten uns immer gut überlegen, wer denn überhaupt darüber befindet, was eine Karriere ausmacht. Viele erfolgreiche Startup-Gründer machen es uns heute vor: sie haben oft keine Mainstream-CVs und keine geradlinigen Lebensläufe mit Top-Noten, aber dafür sehr erfolgreiche und vor allem zukunftsfähige Konzepte, die gut in die Zeit passen und exakt auf die Bedürfnisse der Menschen und unsere heutige Gesellschaft ausgerichtet sind. Gleichzeitig gibt es auch hervorragend ausgebildete Leute, mit tollen Universitätsabschlüssen, die schon lange auf ihren aktuellen Positionen verharren ohne weiterzukommen – häufig, weil sie das gar nicht wollen. Wenn diese Menschen damit zufrieden sind, ist das vollkommen in Ordnung.


Apropos Karriere – gibt es nicht sehr unterschiedliche Vorstellungen davon, was eine Karriere ist?

Stephanie Schorp: Ja absolut, genau das ist auch der Tenor des Buches. Karrieren sind so individuell und vielschichtig, wie die Menschen, die sie machen. Und das ist auch gut so. Nicht jeder muss und kann Vorstand in einem DAX-Unternehmen werden. Wenn alle das werden wollten, dann wäre das Gerangel dort noch größer, als es eh schon ist. Mein Buch soll anregen, genau über die eigene Art der Karriere nachzudenken, über eigene Wünsche, über Machbares, über Träume, aber vielleicht auch realistisch festzustellen, welche »Züge« jetzt auch schon abgefahren sind. Es soll den Leserinnen und Lesern auch Mut machen, vielleicht etwas Neues anzufangen. Für mich persönlich war Karriere immer die Vereinbarkeit von mehreren Dingen gleichzeitig: nämlich Familie und ein spannender Beruf, in dem ich neue Menschen kennenlerne und überhaupt einiges Neues lerne, um meine Neugier zu befriedigen. Für mich hat die Geburt meines Sohnes vor fast 14 Jahren viel davon relativiert, und ich möchte keinen Tag missen. Das Buch soll also dazu anregen, darüber nachzudenken, welche Art von Karriere zu mir passt, Mut machen, ehrlich mit sich zu sein, um zu erkennen:  Was erwarten andere von mir und was ist mein Weg? Das erfordert Mut, Selbstreflektion und eine gute Selbsteinschätzung.


Wie hat sich das Karrierebild in den letzten Jahren verwandelt (vielleicht gerade auch für Männer?)

Stephanie Schorp: Ich sehe nicht so große Veränderungen. Bei Männern um die 30+ steht allerdings inzwischen die Familie mehr im Fokus. Es geht ihnen nicht länger nur um Karriere um jeden Preis, sondern auch um das eigene Bedürfnis, wirklich Zeit mit den Kindern und der Partnerin zu verbringen und grundsätzlich darum, mehr eigenen Gestaltungsspielraum zu haben. Insgesamt finde ich jedoch, dass wir hier gesellschaftlich weit hinterherhinken und Männer und Frauen sich heute sogar noch mehr Stress machen, um alles gleichzeitig zu erfüllen. Sie sollen gute Berufe haben, das Beste aus sich rausholen und dann zusätzliche noch ein ausgefülltes und glückliches Familienleben haben. Ich sage mir immer, wenn man Beruf und Familie richtig gut vereinbaren will, dann stirbt man jeden Tag einen anderen Tod, denn irgendeinem der beiden wird man nie zu 100 Prozent gerecht. Am Ende schafft man es nur, alle Bälle halbwegs in der Luft zu halten, indem man sich von zu hohen Ansprüchen und zu großem Perfektionismus verabschiedet und stattdessen versucht, ausreichend Energiereserven und genügend Humor zu behalten, um sich selbst nicht immer so wichtig zu nehmen und etwas gnädiger mit sich selbst sein. Wir stellen heute schon bei den jüngeren Generationen ganz klar fest, dass sie weniger karriefixiert sind und ihre Lebensqualität mit anderen Maßstäben bemessen.

Die Jüngeren lassen sich nicht ewig die Karotte vor die Nase hinhalten und mit der Aussicht auf eine Karriere vertrösten, für die sie erst diese und jene Herausforderungen meistern müssen. Sie wollen Vorschüsse und Aufstieg und Karriere muss bei denen, die sie anstreben, heute auch schneller stattfinden als früher.
 

Ihr Buch heißt »Persönlichkeit macht Karriere« - heißt das, es ist zentral, seine eigene Persönlichkeit gut zu kennen, um die Karriere zu machen, die passt und glücklich macht?

Stephanie Schorp Ja absolut, das sind die Quintessenz und Bottom Line des Buches. Denn wenn ich mich nicht mit mir selbst befasse, mache ich vielleicht die Karriere, die gar nicht meine ist und die gar nicht zu mir passt. Vielleicht will ich meinen Eltern, Großeltern oder wem auch immer gefallen und es anderen recht machen und hetze und hechle irgendwelchen Glaubenssätzen und Vorstellungen hinterher, die, wenn ich ehrlich bin und tief in mich hineinhöre, mir selbst gar nicht entsprechen. Noch schlimmer ist es natürlich, wenn ich krampfhaft Karriere machen will und gar nicht verstehe, warum das so oder dort, wo ich bin, nie klappt.
 

#Extra-Tipp von der Expertin
Verraten Sie uns ein Do und ein Don’t im Umgang mit Headhuntern?

Do: Generell wertschätzende Umgangsformen, die auch darin bestehen, dass man davon ausgeht, dass es eine Dienstleistung ist und man das nicht einfach alles „frei Haus“ bekommt. Zudem ist es wichtig, so ehrlich wie möglich zu sein und ein positives, aber realistisches Selbstbewusstsein mitzubringen.

Don´t: Ein Don´t ist es definitiv mit einer „ich bin so toll, die Welt hat nur auf mich gewartet“-Attitüde auf Headhunter zuzugehen und ihnen das Gefühl zu geben, dass sie froh sein können, dass sie mich als Kandidatin oder Kandidat kennenlernen und vermitteln dürfen. Das ist ein absolutes Don´t.

 

22.03.2022

Karriere

Persönlichkeit macht Karriere
Persönlichkeit macht Karriere
Hardcover gebunden
24,00 € inkl. Mwst.