Wirtschaft und Gesellschaft

»Mit nichts anderem kann man so schnell soviel Geld verdienen oder verlieren wie mit einer Verhandlung«

Verhandlungsgenie Jack Nasher erklärt, warum gute Dealmaker ein besseres Leben haben und warum es Sinn macht, die Weihnachtsgeschenke erst nach dem Fest zu kaufen.

 

Jack Nasher, Autor von »Deal«

Wer besser verhandelt, hat ein besseres Leben - stimmt das?

Jack Nasher: Es stimmt insofern, als derjenige, der besser verhandelt, das bekommt, was er will - jedenfalls häufiger. Vor allem fühlt man sich nicht ständig als »übervorteilter Trottel« und hat nicht mehr das Gefühl, dass man doch irgendwie mehr hätte rausschlagen können. Das beruhigt ungemein.

 

Sie sagen, dass wenige Sekunden darüber entscheiden, ob eine Verhandlung erfolgreich verläuft oder nicht. Heißt das im Umkehrschluss: Wenn man in den ersten Sekunden patzt, ist der Deal gelaufen?

Jack Nasher: Mit nichts anderem kann man so schnell soviel Geld verdienen oder verlieren wie mit einer Verhandlung. Nehmen Sie das Jobinterview: Wie man hier auf die Frage nach den Gehaltsvorstellungen antwortet, entscheidet über Jahre oder gar Jahrzehnte des Einkommens. Und es entscheidet sich innerhalb weniger Sekunden. Solche Fehler sind leicht zu vermeiden, wenn man weiß wie.

 

Wie wichtig ist der gegenseitige Respekt bei der Verhandlung?

Jack Nasher: Ich kann niemanden von etwas überzeugen, den ich nicht respektiere. Wir haben sehr feine Antennen dafür, ob uns unser Gegenüber schätzt. Leichter gesagt als getan, sagen mir viele: »Wie soll ich diesen Idioten respektieren?«. Respekt kommt aus dem Lateinischen: »Re« für »noch mal« und »Spektare« für »Schauen« - sehen Sie noch mal hin und Sie werden sehen, dass jeder etwas kann oder weiß, das Sie respektieren. Und wenn es nur die schöne Krawatte ist.

 

Welche Rolle spielt der Bluff?

Jack Nasher: Vor allem wichtig beim Verhandeln ist es, den Bluff des anderen zu durchschauen. Stehen die Interessenten wirklich Schlange? Hat er wirklich ein so gutes Angebot von der Konkurrenz? Hier zu erkennen, ob es sich um einen Bluff handelt oder nicht, ist Gold wert.

 

Gibt es eine »Preisklasse« bei der man sich (die Mühe um) den Deal sparen kann?

Jack Nasher: Ich habe durchaus schon Stunden gehandelt für ein Frühstück im Hotel, das ich dann sowieso verschlafen habe. Man kann wohl besessen werden. Aber anderseits: gerade wenn man die ein oder andere Technik ausprobiert, dann nimmt man das  Handeln auch gar nicht mehr so ernst, sondern sieht es wie ein Spiel. Und so richtig Spaß macht es dann, wenn man wie bei einem Boxkampf in Zeitlupe schon den Konter des Gegenüber kommen sieht und man dann irgendwann feststellt, dass es immer die gleichen psychologischen Mechanismen sind, die hier am Werke sind: ob man um eine Erdnuss oder eine Airline handelt.

 

Gibt es Zyklen, die sich zum Verhandeln besser eigenen, als anderen? Konkret: Ist die Vorweihnachtszeit gut oder schlecht für ein Geschäft?

Jack Nasher: Es ist ein grundsätzliches Verhandlungsprinzip, das als Nutten-Prinzip (»hooker principle«) bekannt ist, da auch Vertreterinnen des traditionsreichsten Gewerbes der Welt das Geld stets VOR der Dienstleistung haben wollen. Es gibt nämlich einen »goldenen Moment«, in dem die Macht einer Verhandlungspartei am höchsten ist und in der sie das Geschäft abschließen sollte. Die Vorweihnachtszeit ist natürlich der Zenit der Macht der Einzelhändler. Daher ist es am cleversten, Geschenke stets dann zu kaufen, wenn die Kundenmacht am höchsten ist, nämlich gerade nach solchen Feiertagen. Statt Christmas-Shopping im Dezember also Christmas-Shopping im Januar, denn das nächste Weihnachten kommt bestimmt.

 

 

 

 

 

 

02.12.2013