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Business

»Um innovativ zu sein, muss man zielgerichtet träumen können«

Jedes Unternehmen muss innovativ bleiben, doch die wenigsten wissen, wie das geht. Lisa Bodell kennt die Antwort: Mit ihrem Set radikaler Killer-Werkzeuge.

© Ethan Finkelstein

Welche Art der Unternehmenskultur kommt am häufigsten vor?
Lisa Bodell: Im letzten Jahr habe ich eine Studie über Unternehmenskulturen im Wandel durchgeführt. Das Faszinierende ist: Wir sprechen oft über gute und schlechte Unternehmenskultur, doch  so einfach ist es nicht. Es gibt noch eine andere Kultur, die viele Unternehmen prägt – eine Art »schleichenden Tod«. Die schlimmste Kultur ist nämlich die selbstgefällige, diese »Oh, alles in Ordnung«-Mentalität. Es gibt eine Menge großer Unternehmen. Sie haben Geld, eine starke Marke und sie können damit vieles überstehen. Aber irgendwann müssen sie sich fragen, wo all die kleinen Konkurrenten plötzlich herkommen und warum keiner von ihnen gewusst hat? So etwas passiert, wenn man selbstzufrieden ist.

Wie kann man merken, ob ein Unternehmen tatsächlich bereit für Veränderung und Innovation ist?
Lisa Bodell: Sie müssen seine Unternehmenskultur betrachten. Dabei kann man sich viele Fragen stellen: Wie sehr führen die Führungskräfte tatsächlich? Wie steht es um die Fehlerkultur im Unternehmen? Wie viele Ressourcen – etwa Zeit und Geld – werden in neue, innovative Projekte investiert? Welche Bewertungsmaßstäbe gibt es im Unternehmen und wie viel haben diese mit Innovation zu tun? Welchen Stellenwert hat die Erschließung neuer Märkte oder die Entwicklung neuer Produkte im Unternehmen? Darüber bekommt man ein Gefühl für die Kultur eines Unternehmens und erhält eine Antwort auf die Frage, ob Innovation tatsächlich gefördert wird oder es sich um ein bloßes Lippenbekenntnis handelt.

Ihr Ansatz heißt »Kill the Company« – wie funktioniert dieser?
Lisa Bodell: Meistens machen Unternehmen eine SWOT-Analyse über die eigenen Stärken, Schwächen, Möglichkeiten und Bedrohungen. Das funktioniert aber nicht wirklich, weil sie die meisten strategisch nutzen, um ihre Stärken herauszustellen. Bei »Kill the Company« geht es darum, eine »Out of Company«-Erfahrung zu machen: Man gibt vor, der eigene Top-Konkurrent zu sein. Binnen einer halben Stunde muss man sich überlegen, wie man sich selbst aus dem Markt drängen würde? Das befördert den Kampfgeist im Management. Es erlaubt dem Management, darauf zu schauen, wo die entscheidenden Schwächen liegen. Anschließend fragt man sich: Was können wir dagegen tun? Wie kann man das gewonnene Wissen einsetzen? Kurz: Es ist eine spielerische Art, sich mit den Schwächen im Unternehmen auseinanderzusetzen.

Wenn ein Unternehmen bereit ist, sich zu verändern: Wie lassen sich Veränderung dann anstoßen und auch tatsächlich umsetzen?
Lisa Bodell: Wir haben in den letzten Jahren eine Reihe von Fallstudien zu der Frage durchgeführt, warum es so schwierig ist, einen Wandel in Unternehmen herbeizuführen. Dabei haben wir Überraschendes herausgefunden: Wandel passiert nicht von oben, sondern aus der Mitte des Unternehmens heraus. Wichtig ist auch, dass Veränderung nicht mit einem Mal kommt. Sie beginnt im Tagesgeschäft, in E-Mails, Berichten, Abläufen. Das hatten wir bei unserer Untersuchung nicht erwartet. Wir dachten, es käme auf die großen Initiativen an, die großen Entscheidungen. Aber in Wahrheit ist es genau umgekehrt. Tatsächlich ist auch der Einfluss des mittleren Managements größer als der der Geschäftsleitung. Es gibt einfach mehr von ihnen. Sie kennen das Geschäft, halten es am Laufen und können es verändern.

Sie sagen, dass man bestimmte Fähigkeiten braucht, um Veränderungsprozesse anzustoßen?
Lisa Bodell: Auch hier haben wir Fallstudien betrieben und kamen zu einem unerwarteten Ergebnis. Es sind im Grunde einfach Dinge: Durchhaltevermögen. Gerade bei Innovationen können Sie nicht davon ausgehen, dass es beim ersten Mal klappt. Sie brauchen einen langen Atem und geistige Flexibilität – also immer auch einen Plan B. Ein wichtiger Punkt ist die strategische Vorstellungskraft. Es gibt viele Leute, die Ideen haben, aber um innovativ zu sein, muss man zielgerichtet träumen können. Menschen, die über eine strategische Vorstellungskraft verfügen, werden sich durchsetzen.

Quelle: Knowledge@Wharton

18.09.2013