Ein Mitarbeiter übernimmt seine erste Führungsaufgabe. In der Regel ist er darauf überhaupt nicht vorbereitet, schreiben Sie in Ihrem neuen Buch »Abenteuer Führung«. Wie kommt das?
Mario Neumann: Für viele ist die erste Führungsposition ein Sprung ins »kalte Wasser«, denn Zeit, sich auf diese neue Aufgabe vorzubereiten, bleibt kaum – immer wieder müssen neue Führungskräfte teuer für die eigenen Fehler bezahlen und nicht selten führt das unvorbereitete »Learning-by-Doing« zu Schwierigkeiten mit Langzeitfolgen. Dabei ist diese Phase für den weiteren Karriereverlauf besonders wichtig. Denn wer in der neuen Funktion scheitert, erhält nur selten eine zweite Chance.
Was sind die entscheidenden Veränderungen, die auf ein neues Mitglied der Führungsetage zukommen?
Mario Neumann: Ein Führungswechsel scheint eine fast magische Anziehungskraft auf Erwartungen zu besitzen. Von allen Seiten kommen Wünsche und Hoffnungen, verbunden mit dem Anspruch, dass der oder die Neue »das schon richten wird«. Was die Sache zusätzlich erschwert: Kaum jemand legt die Karten offen auf den Tisch, die Erwartungen bleiben meist unausgesprochen.
Die Erwartungen von Vorgesetzten, Mitarbeitern und Kollegen sind zweifellos wichtig. Erwartungen sind aber zunächst nur Wünsche, Ideen, Hoffnungen, Vorschläge und Anregungen. Sie sind kein Programm, das jetzt abgearbeitet werden muss. Wer das glaubt, der hat schon verloren, bevor er überhaupt auf dem Chefsessel Platz genommen hat.
Wie bereitet man sich am besten auf seine neue Führungsposition vor?
Mario Neumann: Viele nehmen eine Führungsposition an, ohne wirklich zu wissen, was auf sie zukommt und was künftig von ihnen erwartet wird. Das kann sich bitter rächen. Im Grunde liegt es nahe: Sie klären zunächst, welche Anforderungen die neue Aufgabe an Sie stellt, und was Sie tun müssen, um diesen Anforderungen gerecht zu werden. Auch überlegen Sie, wie Sie die höhere Arbeitslast bewältigen, gleichzeitig ein Familienleben organisieren und Freundschaften erhalten – schließlich bildet ein funktionierendes Privatleben die Basis für souveränes Auftreten und schafft einen Rückzugsraum für schwierige Zeiten. Kurzum: Sie sondieren die Lage, bereiten sich systematisch vor, entscheiden dann, ob Sie die Stelle annehmen. Und wenn ja, steht einem guten Start nichts mehr entgegen.
In Ihrem Buch stellen Sie jedem Kapitel eine erfahrene Führungskraft zur Seite. Wie wichtig sind Mentoren auf dem Weg nach oben?
Mario Neumann: Früher oder später steht jede Führungskraft vor schwierigen Situationen und Entscheidungen. Wer hier unerfahren und auf sich alleine gestellt ist oder bestenfalls bei engen Freunden oder der Familie Rat holen kann, dürfte mit seinem Latein schnell am Ende sein. Fehlt in kritischer Lage ein kompetenter Ratgeber, droht der Führungskarriere das vorzeitige Aus.
Eine junge Führungskraft braucht also eine Art Lehrmeister, der vor Gefahren warnt und in kritischen Situationen Rat weiß, der mit Wissen und Lebenserfahrung zur Seite steht und auch dabei hilft, sich in der neuen Umgebung zurechtzufinden. Unschätzbare Vorteile, die kein Führungsseminar bieten kann!
Zu Ihrem Buch gehört auch Toms Tagebuch. Was hat es damit auf sich?
Mario Neumann: Viele Leser haben Tom bereits auf der »Projekt-Safari«, meinem ersten Buch, kennengelernt. Der 38-jährige Diplom-Ingenieur heißt eigentlich Thomas, wird aber von seinen Kollegen in der Firma nur »Tom« gerufen. Gegenüber Freunden hat er schon seit Monaten mit einem Job als Führungskraft geliebäugelt, der ihm nun angetragen wird: Er soll die Abteilung für Großkundenlösungen übernehmen, eine Aufgabe, die ihm einen gehörigen Respekt einflößt. Tom ist klar, dass ihn eine Menge Abenteuer erwarten.
Tom führt ein Tagebuch, das dieses Buch ergänzt und separat als kostenloses E-Book erhältlich ist. Während das Buch das eigentliche Navigationsinstrument darstellt und aufzeigt, wie das Überleben im Dschungel der Führung gelingen kann, lädt das Tagebuch – ähnlich wie schon bei der »Projekt-Safari« – eher zum Reflektieren ein: Passend zu den Etappen im Buch notiert Tom dort seine eigenen Erlebnisse und lässt Sie an seinen Erfahrungen und Schlussfolgerungen teilhaben.
Mario Neumann ist Projekt-Abenteurer: 15 Jahre leitete er internationale Projekte bei Hewlett-Packard. Aus seinem fundierten Know-how entstand das »Abenteuer Projekte«, ein Trainingskonzept für »situatives Projektmanagement«, mit dem er Projektleiter für alle Phasen ihrer Projekte fit macht. Für seine Arbeit wurde er mehrfach mit dem Internationalen Deutschen Trainingspreis ausgezeichnet.