Das Metaverse ist in aller Munde, seit der Facebook Konzern im Oktober 2021 die Umbenennung von WhatsApp, Instagram und Facebook in Meta verkündet hat. Verbunden mit einer Milliardeninvestition Was es tatsächlich für Unternehmen bedeutet, welche Chancen und es birgt und was jetzt bereits zu tun ist, davon haben nur Wenige eine konkrete Vorstellung. Wird es vor allem für Unternehmer:innen Zeit, das zu ändern?
Thomas Köhler, Julia Finkeissen: Wir stehen an der Schwelle der nächsten Internetrevolution. Wer diesmal die Sieger sein werden steht noch nicht fest, daher ist es Zeit jetzt den Überblick und ein Verständnis für die dort zu findenden Geschäftschancen aber auch die Risiken zu gewinnen. Als Basis für die eigenen Erfolge von morgen!
Wo stehen wir heute? Gibt es überhaupt schon Anwendungen oder ist das Stadium noch hypothetischer Natur?
Thomas Köhler, Julia Finkeissen: Eigentlich ist das Metaverse längst da. Millionen Nutzerinnen und Nutzer verbringen auf großen Videospielplattformen viele Stunden ihrer Freizeit und tauchen in deren virtuellen Welten ab. Daneben gibt es bereits virtuelle Welten »zum Selbstgestalten«, wie etwa Roblox – fragen Sie mal Ihre Kinder danach. Ebenfalls bereits machbar und in Pionieranwendungen zu sehen ist die virtuelle Fabrik als »Digitaler Zwilling« einer echten Fabrik in der Industrie. Genauso sind Grundlagentechnologien, wie etwa Virtual Reality Brillen oder leistungsfähige Graphikrechner bereits weithin verfügbar. Was noch fehlt ist das EINE Metaverse. Daran arbeiten aber weite Teile der Technologiebranche und es sieht ganz danach aus, als ob 2023/24 diese Entwicklung richtig Fahrt aufnimmt.
Welche Bereiche wird das Metaverse aus Ihrer Sicht am stärksten verändern?
Thomas Köhler, Julia Finkeissen: Unserer Einschätzung nach – und wir belegen das im Buch mit vielen Beispielen und Quellen – wird jeder Bereich, sowohl im Privat- wie auch im Wirtschaftsleben zukünftig durchdrungen oder zumindest tangiert sein. Ein einfaches Beispiel sind Anwendungen für das Homeoffice, wie etwa die Videokonferenzen, die wir ja alle in der Pandemie als Produktivitätsmittel kennengelernt haben. Hier werden wir einen Technologiesprung mit Virtuellen Realitäten sehen – der virtuelle Besprechungsraum zum Reinlaufen mit dem eigenen Avatar ist bald keine Science-Fiction mehr.
Genauso wird auch der Kundenkontakt (B2C) sich verändern. Die Ansprache potenzieller Kunden wird sehr viel interaktiver und vielseitiger werden dank der Möglichkeit, Produkte im Metaverse erst einmal zu visualisieren und vom Kunden selbst zu individualisieren zu lassen, bevor sie dann tatsächlich und real produziert werden. Im privaten Bereich wird es sehr spannend sein, zu beobachten wie sich Reisen und Begegnungen zwischen Menschen in den virtuellen Raum verlagern und verändern werden.
Aber auch Industrieunternehmen können profitieren. So lassen sich im industriellen Metaverse komplexe Produktionsabläufe erst einmal vollständig bis in die Details simulieren, bevor sie in einer Produktionsanlage tatsächlich umgesetzt werden. Dies spart Ressourcen und sorgt ganz nebenbei für mehr Klimaschutz.
Wie können sich Unternehmer:innen am besten auf die Entwicklungen vorbereiten?
Thomas Köhler, Julia Finkeissen: Wir listen in unserem Buch Anwendungsfälle aus den unterschiedlichsten Branchen auf und zeigen zudem Einsatzmöglichkeiten, die alle Unternehmen angehen, etwa wenn es um die Zukunft virtueller Meetings geht. Am ehesten werden Unternehmen die Endverbraucher adressieren im Metaverse sein, viele davon sind längst da und in ihren Segmenten erfolgreich. Wir sehen aber auch bereits heute Metaverse-Anwendungen in Fabriken, etwa wenn es um virtuelle Fabrikanlagen oder Prüfprozesse geht. Hier gibt es bisher nur wenige Unternehmen, die derartiges bisher bereits einsetzen, aber es werden täglich mehr.
Ihr Buch ist ein Praxisbuch – was heißt das konkret?
Thomas Köhler, Julia Finkeissen: Wir adressieren mit dem Buch Führungskräfte ebenso wie Unternehmerinnen und Unternehmer des Mittelstands und liefern konkrete Hinweise sowie ein 7-Schritte-Modell für die erfolgreiche Erschließung der Potentiale des Metaverse für das eigene Unternehmen. Alles ohne unnötiges Fachkauderwelsch und auch und gerade für Nicht-Techniker verständlich.
Was möchten Sie mit Ihrem Buch auf jeden Fall erreichen?
Thomas Köhler, Julia Finkeissen: Mit dem Web3 und dem Metaverse geht der Kampf ums Internet in eine neue Runde. Bei der ersten Internetwelle vor gut 20 Jahren waren viele Unternehmen zu zögerlich und haben unnötig Federn gelassen, weil sie zunächst zu zögerlich waren. Nur so konnten Amazon, ebay, booking.com und andere Internetriesen überhaupt entstehen und den etablierten Unternehmen traditioneller Branchen Marktanteile und Profite wegnehmen. Jetzt stehen wir mit dem Metaverse und dem Web3 vor einem ähnlichen Umbruch. Noch sind die Claims nicht abgesteckt. Diese Chance wollen wir mit dem Buch für alle interessierten erschließen helfen.
Vielen Dank für das Gespräch!
Thomas R. Köhler ist einer der profiliertesten Vordenker zum Thema Cybersicherheit und Verfasser mehrerer Bücher zur Sicherheit im Netz. Er bringt Erfahrung aus universitärer Forschung und Lehre, Unternehmensberatung und eigenen Unternehmen mit. Als Geschäftsführer der Münchner Technologieberatung CE21 berät er Unternehmen und öffentliche Einrichtungen bei der Bewertung von Cyberrisiken und dem Aufbau und Betrieb sicherer Infrastrukturen. Köhler ist seit 2019 Research Professor am Center for International Innovation der Hankou University (China).
Julia Finkeissen ist Unternehmerin, Investorin, Beirätin und Beraterin für digitale Start-ups. Mit ihrer Firma Vioventi Art berät sie Unternehmen im NFT-Markt und dem Metaverse.
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